Und eines gleich mal vorweg: es gibt nicht DIE beste Bluesplatte. Daher ist auch auf dieser Seite die Reihenfolge reiner Zufall.
Manchmal möchte man lieber "Live at The Regal", ein anderes Mal "Alabama Blues" von JB Lenoir. Oder gar Hooker'n'Heat.... Wir stellen hier einfach Platten vor, die uns taugen. Aus verschiedenen Gründen. Die einzige Einschränkung des Bluesbueros: es geht hier um PLATTEN, also die schwarzen Teile, die vornehmlich mit 33 Umdrehungen pro Minute abgespielt werden.
Son House
Forever On My Mind (recorded live 1964)
Son House (wahrscheinlich 1902 bis 1988) war in der ersten Hochblüte des akustischen Blues kurz vor und nach 1930 wenig erfolgreicher Artist bei Paramount Records. Er nahm Anfang des Jahrzehnts 8 Lieder auf, die sich kaum verkauften. 1941 kam es zu weiteren Aufnahmen von ihm, dieses Mal durchgeführt von John Lomax im Auftrag der USA (Library of Congress): Diese Aufnahmen überlebten und geben einen guten EIndruck, welche unglaublich intensive Musik Son House machte. Auch sein berühmtestes Lied, der Death Letter Blues, wurde damals aufgenommen.
Die große Zeit des Son House begann erst in den 1960ern, im Rahmen des Blues Revival. Sie sollte bis in die 1980er andauern.
Aus dieser Zeit gibt es dutzende Aufnahmen und Platten (sehr schön die 1965 bei CBS veröffentlichte Scheibe "Father of the Folk Blues"). Jetzt gibt es wieder Neues zu berichten. 1964 spielte Son House auf einem amerikanischen College seinen brachialen, sehr an Charley Patton erinnernden, Blues. Die Aufnahmen sind hervorragend, der Sound lebendig, die Gitarre gestimmt und Mr. House in Topform! „Death Letter“, sein Signature Tune, ist unter den Songs des kürzlich in einem Privatarchiv entdeckten Mitschnitts vom Herbst 1964 sein bei Weitem berühmtester Delta-Blues-Klassiker. Pattons „Pony Blues“ war bei der Gelegenheit eine Hommage an den Lehrmeister, „Levee Camp Moan“ nicht der Ma-Rainey-Song mit demselben Titel.
Das Bluesbuero sagt: Unbedingt kaufen!
JB Lenoir
Alabama Blues
L+R REcords 1965 /2001 reprint limited numbers
Wie oben in rot angemerkt: Es gibt nicht "die eine" Platte. Doch müsste man auf die einsame Insel 10 Bluesrecords mitnehmen (vorausgesetzt, dass es durtn ein brauchbares Abspielgerät gibt), dann wäre Lenoirs Meiszterwerk Alabama Blues fix mit dabei.
Lippmann und Rau, zwei deutsche Promoter, brachten den Blues nach Europa (American Folk Blues Festival 1962 bis 85). Und sie machten auch einige Platten (Philadelphia Jerry Ricks, Lousiana Red). Und eben diese.
Horst Lippmann schreibt: "Ich bin glücklich und froh, dieses Meisterwerk erneut zu veröffentlichen". Was ist denn jetzt so besonders an dieser Aufnahme? Alles! Der Interpret, JB Lenoir (1929-1967, tragischer Tod), die Stimme, die hervorragende Aufnahme (5.5.65, Sound Studio, Chicago), die abwechslungsreichen, oft über die Bluesform hinausgehenden Songs, die Texte:
„I never will go back to Alabama, that is not the place for me.
I never will go back to Alabama, that is not the place for me.
You know they killed my sister and my brother,
And the whole world let them peoples go down there free.“
Es gibt ja nicht allzuviele Texte im Blues, die sich ganz explizit mit Rassismus und den widrigen Umständen des Lebens als Afroamerikaner befassen. Big Bill Broonzy hatte einige davon im Gepäck (Just A Dream, Get Back), aber das war es dann auch schon wieder weitestgehend. JB Lenoir, schon kurzzeitig erfolgreich in den 1950ern, sang in frühen Jahren über den Korea Krieg - doch so weit wie in den Songs der beiden Alben Alabama Blues und Down in Mississippi ging er zu Beginn nicht.
Auf Alabama Blues geht es nicht nur um die soziale Stellung der größten US-amerikanischen Minderheit, sondern auch um profaneres. I Feel So Good und Talk To Your Daughter (beides Remakes seiner eigenen Aufnahmen aus den 1950ern) sind bis heute ziemlich bekannt. Ganz herrlich der Song Good Advice, der deutlich zeigt, wie lyrisch dieser Gigant des Blues war:
Weldon/Arnold:
Bottleneck Guitar Trendsetter
Yazoo Records
2 Giganten des frühen Slidegitarrespiels auf einer herrlichen Platte versammelt - Casey Bill Weldon (1901 od. 1909 - 1972)und Kokomo Arnold (1896 od. 1901 - 1968). Ersterer hatte den Hawaii-Stil drauf wie kein anderer, zweiterer war ein ausdrucksstarker Sänger und holte Sounds aus seiner Blechgitarre wie vielleicht nur Tampa Red oder Robert Nighthawk später.
Auf dieser schönen Platte gibt es von Arnold den Dirty Dozens Blues oder auch den Milk Cow Blues zu hören - beide wurden Klassiker und vielfach gecovert (Milk Cow Blues zb. von einem gewissen Elvis P.). Kokomo Arnold nahm in den 1930ern auf, danach nie wieder. Er arbeitete in der Industrie und hatte Anfang der 1960er keine Lust mehr auf Musik - somit war er kein Teil des berühmten Bluesrevival. Das ist bedauerlich, denn es hätte sicher noch viele schöne Aufnahmen in bester Tonqualität von ihm gegeben. Anyway: Die Aufnahmequalität der vorliegenden Platte ist tatsächlich angesichts des Aufnahmezeitpunkts erstaunlich frisch und hervorragend.
Weldon aus Arkansas (nicht Mississippi!) hatte eine ähnliche Karriere wie Kokomo Arnold - auch er nahm einige Hitse (Move to the Outskirts of Town) in den 1930ern auf und beendete diese mit letzten Studiobesuchen 1935. Danach hörte man nie mehr wieder etwas von ihm. Angesichts seiner Fähigkeiten schade und beinahe schon unglaublich. Angeblich war Weldon kurz mit der klassen Memphis Minnie zusammen. Was weiß man schon.....
HOUND DOG TAYLOR
Beware of the Dog
Alligator 1976
Eines ist auf jeden fall fix: Ohne eine Hound Dog Taylor Platte ist keine Bluessammlung vollständig. Viele Legenden und Mythen ranken sich um den 12-fingrigen HDT (1915-75), der einige Jahre die Bluesszene der South SIde unsicher machte. Immer an seiner Seite der Gitarrist Brewer Phillips und der göttliche Drummer Ted Harvey. Auf einen Bassisten wurde verzichtet oder vergessen. HDT machte in den 1960ern 2, 3 erfolglose Singles, tourte 1967 mit dem AFBF durch Europa und war ansonsten in den rauchigen Clubs der Windy City anzutreffen. Taylor spielte dabei von 9 bis 4 - im Grunde immer das gleiche: schnelle Boogies, Shuffles im Midtempo und pro Set eine super langsame Nummer, wo er seinen Slidefinger vibrieren ließ.
Heute würde den Obskuranten keiner mehr kennen, hätte es nicht einen jungen Enthusiasten gegeben, der unbedingt eine Platte mit dem wildgewordenen Trio machen wollte: Bruce Iglauer, damals bei Delmark angestellt, konnte seine Plattenfirma nicht überzeugen, mit Taylor eine solche zu machen. ALso nahm er selbst 2500 Dollar in die Hand und schickte die Band ins Studio.
An 2 Tagen wurden ca. 67 Songs aufgenommen, die dann auf 3 LPs erschienen sind. Fertig war das LP-Debut der Houserockers 1971. Und gleichzeitig hatte Iglauer eine neue Plattenfirma gegründet, die später die erfolgreichste im Business werden sollte: Alligator Records.
Es folgte eine weitere LP und 1974 die vorliegende Liveaufnahme, welche erst nach dem Tod von HDT veröffentlicht wurde. Es enthält das wildgewordene Let's Get Funky, den Hit Give Me Back My Wig und den traumhaften Slowblues Freddie's Blues. Da wummert das Tremolo des Sears Silvertone 412 so richtig fantastisch. Eine der wenigen Liveplatten, die diese Atmosphäre in einem Bluesclub (Smiling Dog Salon) so richtig leinwand einfängt.
HDT erlebte die Veröffentlichung nicht mehr, er erkrankte am Höhepunkt seiner Karriere an Lungenkrebs und war bald darauf verstorben. Kurz zuvor schoss er seinem Gitarristen noch ins Bein, da dieser die Kochkünste der Gattin Taylors nicht ausreichend geschätzt hatte. Eine Versöhnung kam noch zustande.
Viele weitere Geschichten gibt es in der neuen Biografie des Sliders aus Chicago (geboren natürlich in Mississippi) mit dem Titel Good Night Boogie.
Chicago/The BLues/Today! Volume 1-3
Vanguard 1966
Jaja, wie oben angemerkt: es gibt nicht DIE Platte. Nein, es gibt aber die Platten! Der hervorragendste Sampler der Menschheitsgeschichte, so viel ist schon einmal klar.
Ende Dezember 1965 wurden die Sessions aufgenommen, allesamt hervorragend und lebendig im Sound. Zu hören ist die damalige B- und C-Prominenz der Bluesszene Chicagos. Jeder Künstler, jede Band (ausschließlich Hawara, leider!) steuerte 4,5 Songs bei. Live eingespielt im Studio, first Takes! Alles andere wäre ja Unsinn.
Was sagt nun Bonnie Raitt über diese Platte (wir haben sie neulich mal danach befragt): „Chicago/The Blues/Today! zählt zu meinen liebsten Bluesaufnahmen. Ich lernte Bluespiano durch Otis Spanns Aufnahmen auf diesem Album und die Aufnahmen von Junior Wells, Johnny Shines und Otis Rush gehören zu meinen Allzeitfavoriten.“
Wir geben ihr da ziemlich recht, möchten aber ausdrücklich betonen, dass wir zu Junior Wells ein eher unterkühltes Verhältnis haben im Bluesbuero. Der war ein ordentlicher Spinner!
Wurscht: Besonders leinwand sind die 5 Songs von JB Hutto (Vol. 1), Otis Spann (Vol. 1), Homesick James (Vol.2) und Johnny Shines (Vol. 3). Aber auch die Sets von Otis Rush, James Cotton, Johnny Young sind genauso leinwand.
A Must-Have, our Ranking: 6 von 5 Sternchen!
MUDDY WATERS
The Montreux Years
BMG
Ganz frisch herausgekommen ist diese Zusammenstellung von 3 Gigs des übergroßen Muddy Waters aus den Jahren 1972 - 74 und 77. Die Auswahl der Songs ist gelungen, denn es gibt nicht nur seine Standards, sondern auch selten gespielte Songs zu hören. Soundtechnisch sind die Archivaufnahmen mehr als audibel - die 72er Show klingt sehr direkt und sehr intensiv, für uns Sieger der drei Aufnahmesessions.
Wer spielt da mit? 1972 gibt es beispielsweise die Myers Brothers, Mojo Bufford an der Harp und Laffayette Leake am Piano zu hören, 1974 Buddy Guy, Junior Wells und Bill Wyman am Bass, 1977 die seinerzeitige Liveband mit Jerry Portnoy, Bob Margolin, Luther Guitar Johnson... Feine Doppel-LP! 9,86 Punkte auf der Nach-oben-offenen-Tampa-Red-Skala.
BB KIng
Live at the Regal
ABC 1965
Am 21.11.1964 wackelte das altehrwürdige Regal Theater (4719 South Parkway, Chicago - leider seit 1973 geschlossen) ganz gewaltig. Der damals populärste Bluessänger spielte an diesem Abend 2 Sets, welche gottseidank (wir sind ja Agnostiker, aber das muss man halt sagen) von Kings damaliger Plattenfirma ABC aufgezeichnet wurde. Und zwar in hervorragendem Sound. Danke dafür, Mr. Ron Steele, der Ältere!
Es gibt ja leider nur wenige Liveaufnahmen aus dieser Zeit (zB. Muddy in Newport) und wenige Aufnahmen überhaupt, die den Blues und seine Stimmung so genial eingefangen haben wie Kings Scheibe.
Der große King-Poidl (interne Bürobezeichnung für BB KIng) spielt sich da mit 6-köpfiger Begleitung durch ein faszinierendes Programm. King selber sagte später, dass diese Platte nichts besonderes und nur wegen der neuen Plattenfirma entstanden wäre. Weiters meinte King, dass er ja jeden Abend so geklungen hätte. Und er meinte vermutlich wirklich JEDEN Abend, denn 1964 spielte er über 300 Konzerte!
Schöne Anekdote: Kurz vor dem Gig ging die Orgel von Duke Jethro ein. Also musste er Piano spielen. Er sagte zu King, dass er das aber nicht gut konnte. King erwiderte: "Well, just sit there and pretend — that's what you do most of the time anyway!"
Unser Favorit der Platte: alle Songs! Uuuuund wir lieben den Drummer auf dieser LP, Sonny Freeman.
Live at the Regal is an absolutely necessary acquisition for fans of B.B. King or blues music in general. A high point, perhaps even the high point, for uptown blues. (allmusic)
Bobby "Blue" Bland
2 Steps from the Blues
Duke records /DLP reprint
Schnulzen-Bobby ist auf dieser Platte zwar mehr als 2 Schritte vom Blues entfernt, aber trotzdem ist das eine schöne Platte, die ganz gut zeigt, wie einige Künstler*innen versuchten, den Spagat zwischen Blues, Soul und Pop zu schaffen. Da gibt es mit Little Milton oder Etta James ja weitere prominente Beispiele. Bobby Bland war 15 Jahre bei dem texanischen Label Duke Records und war deren erfolgreichster Artist. Erst 1970 herum verließ Bobby dieses und ging zu ABC Records, wo er mit BB King die Live-Doppel LP "For the first time" besang. Ein Smah Hit.
Auf 2 Steps... gibt es den früheren Bland zu hören. Zum einen handelt es sich um einige Singles, die er zwischen 1956 und 60 aufgenommen hatte, zum zweiten sind 7 Songs einer 1960er Session darauf zu hören.
Anyway, das Downbeat Magazin kürte die Scheibe als eine der besten 50 Blues LPs der Bluesgeschichte. Das Bluesbuero sagt bei aller Wertschätzung: We disagree! Ist eine schöne Scheibe, aber sie ist maximal Nummer 145 auf unserer buerointernen Rangliste.
Lightning Hopkins
Early Recordings Vol. 2
Arhoolie
Chris Strachwitz' Label Arhoolie beschäftigte sich hauptsächlich mit Bluesaufnahmen obskurer Plattenfirmen der 50er und 60er Jahre. Auch eigens angefertigte Aufnahmen wurden gemacht - zum Beispiel die dritte Platte von Charlie Musselwhite!
Lightning Hopkins war ein Original sondergleichen, ein musikalisches Unikat. Und eigentlich aus der Zeit gefallen. Er war nämlich als Solist unterwegs, spielte kaum mit Bands. Was bei seinem sehr speziellen Timing auch schwierig gewesen sein musste. Oder eigentlich eher unmöglich. Auf dieser Platte (Volume eins gibt es auch) sind Aufnahmen der späten 1940er des Gold Star Labels aus Houston (ja, wir haben ein Problem!) versammelt. Der 1912 geborene Lightning Hopkins war da noch wenig erfolgreich, seine große Zeit waren die späten 50er und 60er Jahre. Auf jeden Fall gibts es auf den Early Recordings schöne Versionen bekannter Bluessongs zu hören (Automobile Blues, T Modell Ford..). We like! Unbedingt auf Youtube die Sequenzen des herrlichen Films "The Blues According to Lightning Hopkins" ansehen. Wir sagen da nur "Snake Snake"!
Harmonica Blues
Yazoo
Das wichtigste Label, welches sich mit Pre-war Sachen beschäftigt, hat da eine schöne Zusammenstellung auf den Markt gebracht. Es geht um Mundharmonikaspieler, die ihre Musik noch unverstärkt aufnahmen. Allen voran der wahrscheinlich bekannteste Harpspieler der 1930er Jahre, Jazz Gillum. Die Songs stammen aus den Jahren 1928 bis 1935 und sind recht abwechslungsreich. Da geht es vom puren Countryblues zu Jazzigem oder einfach Folkigem. Die Harp war ja in den 1930ern noch nicht das prägendste Instrument im Blues, da waren Gitarre und Piano dominant.
Sehr beliebt war die Mundharmonika bei der Jug Bands der 1930er, im Country- oder Cityblues ist sie verdächtig selten bei Aufnahmen zu hören. Die Bluesforschung meint, dass das kleine, in Deutschland erfundene, Instrument einfach nicht gut aufzunehmen war. Es klang schrill und nervig. Das mag sein. Erst ab Mitte der 1940er war die Harp wohl integraler Bestandteil des Cityblues, vor allem der Spielvariante in Chicago.
Das schöne Cover stammt natürlich vom einzigartigen Cartoonisten Robert Crumb.
To make it short: Diese Platte muss man nicht haben. Öder Blues, fad heruntergenudelt. Aber das Cover gefällt uns natürlich.
Tommy Tucker hatte einen Hit namens "Hi Heal Sneakers" und war mehr Immobilienmakler als Musikant.
Sam Theard
1929-1930
Das RST Label (bzw. Document Records) war ein österreichisches Plattenlabel, das sich auf den Prewar-Blues spezialisiert hatte. Viele der Schellacks kamen vom Sammler Johnny Parth. Die Klangqaulität ist natürlich nicht immer topp, viele Originale, die verwendet wurden, waren halt schon recht abgenudelt.
Die vorliegende Scheibe ist allerdings grandios, auch die Klangqualität ist passabel. Der Inhalt brisant. Es geht um Ehebruch. Und was man als gehörnter Ehegatte mit dem Nebenbuhler so alles anstellen könnte. Nämlich nichts gutes.
I'm gonna kill you just for fun, you rascal, you!
I'm gonna kill you just for fun, you rascal, you!
I'm gonna kill you just for fun;
The buzzards gonna have you when I'm done.
I'll be glad when you dead, you rascal, you!
You done messed with my wife, you rascal, you!
You done messed with my wife, you rascal, you!
You done messed with my wife,
And I'm gonna take your life.
I'll be glad when you dead, you rascal, you!
Adam met Eve in the Garden of Eden,
That’s where it first began,
Adam said to Eve,
Let’s spo-dee-o-dee, come on,
Let’s have some fun
Johnny Shines & Company
Biograph 1974
Johnny Shines, Baujahr 1915 (+1992) war ein Bluespionier, der in den 1930ern mit Robert Johnson aufgeigte, aber keine aufgenommenen Songs aus dieser Zeit hinterließ. Erst ab 1946 traf man ihn im Studio an, seine Einspielungen wurden teilweise aber nicht veröffentlicht. Ein paar Singles für das J.O.B. Label folgten in den frühen 1950ern, aber auch diese blieben unter der Wahrnehmungsgrenze. Johnny ließ die Musik dann bleiben und verdingte sich sein Leben mit Aushilfsjobs.
Im Zuge des Bluesrevivals wurde auch Shines wieder entdeckt und endlich hatte er mit Platten und Tourneen Erfolge. Auch in Linz trat er in den 1970ern auf!
Für das Rootslabel Biograph nahm er 1974 diese Platte auf, die wirklich sehr fein produziert und abwechslungsreich ist. Teils solo an der Akustikgitarre, teils mit Bläserunterstützung spielt sich Shines durch sein ureigenstes Programm. Auch die Aufnahme ist technisch wirklich gelungen, leider nicht immer der Fall bei Aufnahmen mit "Legenden".
Wirklich lustig ist, dass der Schlagzeuger der Session Mark Bell ist, der es später zu ziemlichen Weltruhm bringen sollte. Und zwar als Marky Ramone der Punkband Ramones!
Auch die anderen beteiligten Musiker sind Profis an ihren Instrumenten, das hört man auch! Gitarrist ist zb. David Bromberg, ein begnadeter Saitenzupfer und Fingerpicker, der sehr viele Aufnahmen gemacht hat.
Johnny Shines war bis in die 1980er aktiv und galt als sehr sympathischer, umgänglicher Blueser der alten Schule!
BACK in TOWN
Bumble Bee Slim
Pacific 1962
Bumble Bee Slim machte ja bereits in den 1930er Jahren einige schlüpfrige Aufnahmen - solo oder mit der damals üblichen Pianobegleitung. Der 1905 in Georgia geborene Amos Easton zog bald nach Chicago und war in den 1930ern einer der umtriebigsten Aufnahmeblueser. In den 1940er Jahren beendete er die aktive Musikerkarriere für ein Zeiterl und trat als obskure "lustige" Figur in hinnigen Hollywoodfilmen auf. Erst ab Mitte der 1950er Jahre nahm er einige Platten auf, die kaum EIndruck hinterließen.
Diese Scheibe - seine letzte - glänzt allerdings durch Abwechslung und das wahrlich großartige Lineup: Les McCann spielt das Piano, Richard Holmes bedient die Hemmungsorgel und Joe Pass beteiligt sich als Gitarrist bei einigen Songs. Die Songauswahl ist ziemlich abwechslungsreich. Anspieltipps: Midnight Special, In the Evening, Driftin' Blues. Sehr jazziger Flair, cool!
Eric Clapton - Just One Night
Live Tokyo 1979
Polydor
Jaja, man kann schon einiges über den Briten Eric Clapton schreiben. Man kann ihn ohne weiteres einen großen Gitarristen nennen. EInen Tranggler. Einen Langweiler. Alles trifft irgendwie zu. Eine Bühnensau war Clapton nie, bei seinem Bewegungsradius onstage reicht eine Briefmarke mittleren Ausmaßes.
Eric Clapton ist verantwortlich für dutzende ekelige Popsongs, keine Frage.
Aber Clapton hat auch einiges richtig gemacht. Und diese Platte beweist dies eindrucksvoll. Aufgenommen im Dezember 1979 in Tokyo spielt sich die höchst motivierte Band durch ein großartiges Set. Clapton verzichtet weitestgehend auf Schnulzen und ewige Soli a la Cream, sondern bringt eine schöne Mischung einiger seiner eher poppigen Songs (ja, auch "Wonderful Tonight" ist dabei) und Bluesklassiker. Und vor allem die Bluesradeln sind einfach nur überwältigend. So fesch hat EC seine Strat vorher und nachher nie mehr wieder bedient: glasklar schneidet das Amibrett durch die Rillen der Doppel-LP. Der Otis Rush Song "Double Trouble" ist die Krönung des Ganzen. Welch wundersame Interaktion mit der leinwanden Band (ohne nervige Backgrounddamen oder unsinnigen Percussions). Das Quintett zeigt, wie man den Blues spielen kann! Hervorzuheben sind Drummer Henry Spinetti und Claptons longtime Companion Chris Stainton an der Orgel.
Topp! Auch vom Sound eine einzigartige Scheibe. Bedauerlich, dass Clapton nicht länger diese Art von Musik gemacht hat..
Anspieltipps des Büros: Double Trouble, Further on up the Road, After Midnight, Early in the Morning
Gravel Road
Magic Slim and the Teardrops 1990
Der Magic Slim war ca. 204cm groß und kein Leichtgewicht. Musikalisch ging es bei ihm (2013 hat er irdischen Boden verlassen) in seiner gesamten Karriere um den
puren, echten Chicagoblues. Da wird nicht herumgesoult (bis auf einen Versuch, siehe unten) oder gar Schreckliches wie Bluesrock (was ist das eigentlich) produziert. Nope! Mit John
Primer (rechts im Bild) an der Gitarre, Nick Holt (zweiter von links) am Bass (und Bruder von Herrn Magic, eigentlich Morris Holt) und Michael Scott am Schlagwerk hatte
Slim eine best eingespielte Bluesband an seiner Seite. In den 1990ern gaben die Herren ein fulminantes Konzert in der alten Linzer AK. Timo Brunnbauer war damals in der Juke Joint Blues
Band tätig und durfte mit dieser Band den Abend eröffnen. Magic Slim spielte gerne eine Fender Jazzmaster und den dazugehörigen Fender Twin Amp. Dieser Monsterverstärker wirkte neben Slim wie ein
Kofferradio. A real big man. Noch was: John Primer ist ja jetzt seit Jahren solo unterwegs und selber ein fantastischer Gitarrist und Sänger (er war übrigens in der letzten Band vom Muddy) .
Gravelroad ist eine super Scheibe mit ein, zwei schwächeren Songs (zB in Form einer Bluesvariante von Mustang Sally). Aber der erste Song auf Seite 2 ist
alsbaldest vergessen, wenn sich die Band an Prisoner of Love abarbeitet. Auch dem herrlichen John Primer wird relativ viel Raum zur Entfaltung gegeben, er hat ja dann einige Jahre später
seine eigene Bluesband gegründet und den Magic Slim verlassen.
BLUES BLUES BLUES
Jimmy Rogers Allstars 1998/reprint 2019
Atlantic
Wenn es quasi eine Einsteigerplatte in den Chicagoblues gibt, dann ist die vorliegende dreiseitige LP des Herrn Rogers eine absolut geeignete. Jimmy Rogers (1924 bis 1997) war in Muddys erster elektrischen Band Anfang der 1950er und hatte in den darauffolgenden Jahren auch ein paar eigene Hits (Ludella, Rock This House Tonight, That's Alright). Aber zu den ganz großen Stars der Bluesszene gehörte er nie. Jimmy Rogers nahm in späteren Jahren einige sehr schöne LPs auf (Tipp: Bluebird), die aber auch nicht vollends einschlugen.
Diese Platte wurde somit sein Vermächtnis: nur wenige Monate nach den Sessions verstarb Rogers doch unerwartet; ein großes Comeback a la John Lee Hooker ging sich leider nicht mehr aus.
Es gibt ja einige Platten mit dem Thema "Blueslegende + weiße Jungens" (ok die BB King in London, passabel Fleetwood Mac in Chicago, richtig schön daneben Muddy in London). Was BLUES BLUES BLUES ausmacht ist nicht unbedingt die Liste der Gäste, sondern viel mehr der ausgezeichnete Sound und die fantastische Rhythmusgruppe, da kommt alles aus einem Guss. Am Piano werkt Johnnie Johnson (Chuck Berrys Pianist unter anderm) und am Schlagwerk der göttliche Ted Harvey (wir sagen nur: the Houserockers vom Hound Dog Taylor). An den Harps ist Kim Wilson oder Carey Bell zu hören, oh my dear!
Was die Gästeschar abliefert ist teilweise aber auch nicht von schlechten Eltern, wenn auch nicht jeder Song ein Meisterwerk geworden ist. Sehr stark: Everyday I have the Blues mit dem herrlichen Lowell Fulson, Trouble No More mit den Herrn Jagger und Richards (die gleich drei Mal zum Einsatz kommen) oder That's Alright mit dem Herrn Clapton am Gesang und der Fender. Manches passt nicht so toll (Boom Boom mit Robert Plant) oder das zu Tode genudelte Sweet Home Chicago... Aber mein Gott, wir sagen trotzdem: They don't produce them records anymore! Herrliche Scheibe!
Tigerman
Kin Wilson 1993
Mundharmonikabeauftragter des Bluesbueros, Jörg B., urteilt darüber so:
Frühes Soloalbum von Kim Wilson, dem vielleicht besten weißen Harpspieler (jaja, da gibt's noch Paul Butterfield und Memphis Charlie
Musselwhite). Diesemal ohne seine Thunderbirds zeigt er so richtig, was er drauf hat. Hervorragend gespielt, eine Band in Bestform. Recht
unterschiedliche Songs, viele Bluesstile werden angerissen, ohne aber beliebig zu werden. Tipp: der Muddy Klassiker She moves me und das herrliche Don't touch me baby. Über das
Cover sollte seperat diskutiert werden, aber so waren sie halt die späten 1980er und frühen 1990er Jahre.
Rory Gallagher
Irish Tour 73
Polydor 1974
Mit dem wilden Rory aus Irland ist es so eine Sache. Eines ist mal fix: der unzeitig verstorbene Ausnahmegitarrist gab bis zum Schluss alles auf der Bühne. So etwas
wie "heute gehen wir es gemütlich an" gab es bei ihm nicht. Zudem nahm er ziemlich viele Platten auf. Doch - so meint das Bluesbuero: nach 1976 war es weder Fisch noch Fleisch, was er musikalisch
zu bieten hatte. Ein bisserl Hardrock, viel arges Gitarrengewürge, schmlampig gespielte Bluessongs (man vergleiche diese Platte mit der nervigen Stage Struck LP, live 1979 oder so).
Auf jeden Fall: bei seiner Irish Tour (es gibt auch einen super Film dazu) durch abgewrackte Volkshäuser der Insel zeigten Rory und seine drei Mannen, das so etwas wie Bluesrock doch möglich sein kann. Beginnend mit "Cradle Rock" über "Million Miles Away" bis zu "Tattoo'd Lady": da ist ordentlich viel Dampf. Da scheppert Rorys 62er Strat bzw. die uralte National mit hinnigem Hals. Schon die "Live in Europe" (noch als Trio) war cool, aber Irish Tour ist wohl eine der besten Liveplatten überhaupt. Überzeugend in der Darbietung, dem Sound und der Songauswahl. Tipp des Bueros, wer es noch nicht kennt. Übrigens muss in dem Zusammenhang erwähnt werden, dass die Coverversionen eines Herren Bonbassama oder so extrem schiach und matt sind. Don't mess with the Rory!
Tipps für tourende Musiker gibt es obendrein - wichtig das Haxenpulver!
PINETOP PERKINS
Live at Antone's Vol. 1
Der Antone's Club (305 E 5th St, Austin, TX 78701, USA) war Austragungsorts dieses schönen Bluesabends, der vorausschauend aufgenommen und somit für die Nachwelt erhalten
wurde. Der 82-jährige Pinetop spielt sich durch ein Set voller Bluesklassiker. Pinetop, der ab 1970 (nach dem Tod von Otis Spann) in Muddys Band pianisierte, wurde ja 97 Jahre alt - sein letztes
Konzert gab er 2010!
Hier versammelte er eine wunderbare Band um sich: Kin Wilson an der Harp, Rusty Zinn an der Guitarre, WIllie Smith an den Drums (ja, der vom Muddys Band) und Calvin Fuzz Jones am Bass (ja, der von...). Hin und wieder kommt das Sax des Mark Kazanoff (von den Texas Horns) zum Einsatz.
Aufgenommen wurden im Juli 1995 Songs wie Mojo Working, Caldonia, Chicken Shack oder Sweet Home Chicago. Also alles Songs, die man natürlich kennt und für die keine ordentliche Bluesband auch nur eine Minute proben müsste. Und wenn dann noch Könner zusammenkommen, ergibt sich ein homogenes Ganzes, das einfach nur Spass macht. Der Sound ist super, das Publikum gut drauf. Eine klasse Platte. Es gibt auch eine Live Volume 2 Ausgabe - allerdings weiß man darüber nichts Näheres....
Der Club hat übrigens seine Pforten längst geschlossen.
Rocks in my Pillows
Robert Nighthaw 1951-52
Yes, that is it! Endlich gibt es diese wunderbaren Aufnahmen wieder auf Vinyl. Robert Nighthaw war ja sehr oft Sideman bei anderen Aufnahmen (hauptsächlich für das Chicagoer Labels Chess), hier ist er aber der Boss. Die Aufnahmen wurden für das kleine United Label (nicht zu verwechseln mit dem großen United Label) gemacht. Zweimal ging Nighthawk in das Studio: im Juli 1951 und im Oktober 1952. Dann nahm er nichts mehr bis 1964 auf. Grund war die erstaunliche Erfolglosigkeit seiner aus den Sessions resultierenden Singles. Whaaaaat? Gibt's nicht, kann nicht sein, befindet das Bluesbuero. Denn die Nummern sind wirklich klasse gelungen, der Sound ist nicht nur für die Entstehungszeit fantastisch. Besonders die Slowbluese liegen dem Herrn Nighthawk wie kaum einem anderen - seine jammernde Slideguitarre und sein dunkler Gesangsstil matchen sich perfectly. Begleitet wird Nighthawk von Ransom Knowling am Bass (der ja auch auf den frühen Hits vom Muddy spielte), Jump Jackson am Schlagwerk (was für ein Name!) und Roosevelt Sykes am Piano. Robert N. hatte 1949 seinen einzigen Hit gelandet, und zwar mit dem unsterblichen Sweet Black Angel (welches ja auch Herr King sehr gerne spielte). 1951/52 gelang das nicht mehr. Trotz Songperlen wie Take it Easy, Baby oder You missed a good man. Das Bluesbuero ist deswegen oft sehr betrübt, denn wir vermuten, dass uns Robert Nighthawk ziemlich viele klassen Bluese vorenthalten hat. Noch was: es gibt ausser Tampa Red und Kokomo Arnold keinen besseren Slidegitarristen. Keiner kann so wehklagen auf der elektrischen Guitarre wir Robert!
CHICAGO BLUES SESSION
Willie Mabon (1982)
Interessant: die Promoter Lippmann und Rau brachten ab 1962 den Blues nach Europa (American Folk Blues Festival). Zu jeder Tour (bis 1985) gibt es auch eine Langrille dazu. Nämlich sind all diese tollen Performances (von Muddy, Wolf, Sonny Boy bis Hounddog Taylor) auf dem Label L+R erschienen. Jeder Bluesfan sollte die Platte von 1967 zuhause haben, die ist richtig geil. Nebst den Konzertmitschnitten brachten die zwei deutschen Bluesfreunde viele Studiosessions heraus, die in Europa oder den USA entstanden sind. Vorliegende Scheibe wurde am 4. Juli 1979 aufgenommen und zeigt, dass es für ordentlichen Blues nicht viel braucht - ausser ordentliche Songs und ordentlich werkende Musiker. Willie Mabon war einer der wichtigsten Pianisten in der Windy City, wenn auch nicht rasend erfolgreich. Sein größter Hit war I don't know in den 1950ern.Bei dieser 79er Session wird er unter anderem von Hubert Sumlin (ja, der Howlin Wolf Gitarrist) und Eddie Taylor an den 6saitern begleitet. Aron Burton am Bass und Casey Jones an den Drums (nein,nicht der legendäre Lokführer) runden die Sache ab. Entstanden ist eine ziemlich gechillte Scheibe mit einigen wirklich klassen Songs (It's a Shame, Moanin' Blues) und ordentlichem Sound.
Do that Guitar Rag, 1928 to 1935
Big Bill Broonzy, Yazoo 1976
Big Bill Broonzy (1903 bis 1958) war nicht nur ein Angeber (man lese seine witzige Autobiographie), sondern auch einer der besten Songwriter der Bluesgeschichte.
Zudem hatte er eine der längst andauernden Aufnahmekarrieren eines Vorkriegsbluesers. Zuerst für OKeh (vorliegende Platte), später dann für Bluebird spannte sich seine Aufnahmetätigkeit (mit
einigen Jahren Unterbrechung) doch von 1928 bis zu seinem Tod 1958. Nach eigenen Angaben nahm er mehr als 250 eigene Titel auf. Klassiker wie Key to the Highway, This Train,
Glory Of Love oder das politische Black, Brown and White sind längst in die (Cover)Geschichte des Genres eingegangen. Big Bills Mitwirkung am berühmten Carnegie Hall
Konzert From Spirituals to Swing des Herrn Lomax (quasi als Ersatz für Robert Johnson, der aus bekannten wie tragischen Gründen nicht nach New York kommen konnte) ist
ein weiterer Meilenstein seiner Laufbahn gewesen.
Auf dieser Platte versammelte das beste Label zu Pre-War Aufnahmen, Yazoo, seine ersten Aufnahmen. Noch solo unterwegs (für Bluebird ja meist in kleinen Besetzungen zu hören) spielt sich Big Bill hier durch verschiedene Stile. Es gibt den Guitar Rag von 1930, das Hokum Meisterstück Big Bill Blues und den nachdenklichen Double Trouble Blues. Die Tonqualität ist ob des Alters der Aufnahmen wirklich vorzüglich und es macht einfach nur Freude, dem jungen Big Bill zuzuhören.
HANGIN' ON
Robert Lockwood jr. / Johnny Shines, Rounder Records 1981
Zwei Giganten des Blues aus der zweiten Reihe haben sich am 16. und 17. Juni 1980 getroffen und eine sehr schöne und unterhaltsame Platte aufgenommen. Robert Lockwood Jr. (1915 bis 2006) war ja beinahe 80 Jahre aktives Mitglied der Bluesmusikantengesellschaft. Robert war Wegbegleiter des nicht ganz unbekannten Robert Johnson (der, obwohl fast gleich alt quasi sein Stiefvater war), nach dessen Tod ging er wie viele seiner Wegbegleiter nach Chicago. Robert Lockwood wurde gern gebuchter Sessionmusiker, aber eine eigene fette Karriere wie Muddy Waters oder Howlin Wolf gelang ihm nicht.
Johnny Shines (1915 bis 1992) traf Robert bereits 1927! Allerdings war Shines jemand, der sich immer wieder an die wechselnden Stile des Blues anpassen konnte. Ähnlich eines Muddy durchlebte er die verschiedenen Phasen der schönsten Musik aller Musikwelten - nur mit geringem Erfolg. Nach einer längeren Durststrecke war es Johnny Shines wenigstens ab den 1970er Jahren möglich, regelmäßig als Elder Statesman of the Blues zu touren (bis nach Österreich verschlug es ihn glatt).
Die vorliegende Platte ist sauber und lebendig aufgenommen. Mit viel Spielfreude nehmen sich die beiden Songs wie Mean Mistreating Mama oder Early in the Morning vor. Begleitet von einer patenten Band spielen die zwei super(b)en Gitarristen auch akustische Versionen von klassen Songs. Empfehlung des Bluesbueros!
Live at Lupo's Heartbreak Hotel
Roomful Of Blues 1986
Die 1980er waren ja nicht gerade das Jahrzehnts des Blues, es gibt dermaßen viele grausliche Aufnahmen aus dieser Zeit, dass es zum Aus-der-Haut-fahren ist (wie sagt schon der große Keeferreefer Richards: The drums sounded like someone shitting on a tin roof). Aber es gibt natürlich auch die berühmten Ausnahmen von dieser eher ungoldenen Regel. Ein junger Curtis Salgado (diesmal nur Gesang, keine harp) hebt mit seinen Kollegen den Party Blues in neue Sphären. Entstanden ist die Scheibe 1986 in einem Kabuff im kleinesten Bundesstaat der USA, nämlich Rhode Island. Der Club wird mit dieser großartigen Band in einen Tanzsaal verwandelt. Und die Jungs drücken drauf, dass die Nachbarn in Massachusetts auch noch was davon gehabt haben! Ronnie Earl haut ein paar für ihn typische Jumpbluessoli raus, dass es nur so in den Ohren klingelt. Das Bluesbuero sagt ganz eindeutig: Super tighte Band mit bestens abgestimmten Bläsern! Kein Firlefanz und Schabernack wird da getrieben: Go for it!
THE LOST TAPES
Muddy Waters Live 1971, Blind Pig Records 5054
Diese fantastische Platte wurde seinerzeit nicht veröffentlicht, das Warum bleibt ein Mysterium. Stattdessen gab es zu jener Zeit eine offizielle Live-Chessplatte, die Muddy in Clubatmosphäre zeigte. War ok, aber nicht überragend (auch vom Sound her). Ganz anders diese Platte: an zwei Unis (Washington, Oregon) aufgenommen, bringt sie den King of The Blues in aller Pracht auf den Plattenteller. Die Band groovt fürchterlich klasse, Muddy singt bestechend und die Songauswahl ist zudem eine sehr schöne.
Bei der Band handelte es sich damals um eine Art "Übergangsband", die aus Muddys Wegbegleitern aus den 1960er Jahren und Musikern seiner wohl besten Truppe aus den 1970ern bestand: Pinetop Perkins am Piano (nicht lange zuvor war Muddys langjähriger Pianist Otis Spann überraschend jung verstorben), Willie Smith an den Drums und Calvin Jones am Bass: das sind die Protagonisten der unpackbaren 1970er Band. Weiters zu hören auf "The Lost Tapes": George "Harmonica" Smith an der Harp und die Gitarristen Sammy Lawhorn und Pee Wee Madison.
Gut, auf der Platte finden sich mit Hoochie Coochie Man und Mannish Boy zwei sehr bekannte Nummern. Zudem ist die Schlussnumer Mojo Working. Also auch nicht gerade eine unbekannte Nummer aus Muddys Katalog (im Übrigen von 1959 bis 1982 stets die letzte Nummer bei seinen Liveauftritten - so geht Kontinuität!). Aber die Songs werden packend dargeboten, da is nichts ausgeleiert einstudiertes dabei!
Aber die wahren Perlen sind Songs, die Muddy gerade in späteren Jahren nicht immer auf die Bühne brachte. So veredeln The Lost Tapes Hitse wie Walking Through the Park, Trouble No More oder das unnachamlich zähe Crawling Kingsnake. Da zeigt sich wieder einmal, dass eigentlich nur Muddy (und seine Band!) diese Schwere des Chicagoblues drauf hatte (und das verhatschte Feeling).
Zwei wahre Höhepunkte: Just To Be With You mit diesem herrlichen Riff und Long Distance Call, ein Trademarkblues des King. Sehr schön bei letzterem Song die schneidende Telecaster, die Muddy da beslided.
Auf der CD Edition der LP finden sich noch ein, zwei weitere Tracks (so ein schönes King Bee) - aber mit der LP ist eigentlich alles gesagt.
LIVING CHICAGO BLUES
Volume 1 to 6 (1977/78)
Es gibt ja einige schöne Serien zur jeweiligen Bluesszene. Besonders herrlich natürlich die 1960er Serie Chicago!Blues!Today! (siehe oben).
Aber auch diese von Bruce Iglauer produzierte Serie ist wahrlich gelungen. Zu hören sind die in den 1970er tonangebenden Musikanten. Auf 6 LPs kann man jeweils ca. 15 bis 20 Minuten einem Magic Slim, Carey Bell oder Jimmie Johnson zuhören. Einiges ist wirklich sehr klasse geworden (so die Sets von Luther "Guitar" Johnson und Lonnie Brooks). Letzterer wurde dann eh eine ziemliche Größe im Bluesbusiness.
Soundtechnisch auch gelungen, alles live in den kleinen Studios Chicagos auf Band gespielt. Normalerweise steht Alligator Records ja für Kacksounds aus der digitalen Dose, doch hier passt alles.
LONESOME ROAD BLUES
15 Years in the Mississippi Delta 1926-41, Yazoo L-1038
Wenn es um Prewarbluesaufnahmen in durchwegs gediegener Qualität geht, kommt man an Yazoo records und dessen Veröffentlichungen nicht vorbei. Das 1967 gegründete Label brachte bis 1989 eine Menge Country- und Folkblues heraus. Das Buesbuero wird noch weitere vorstellen, denn es gibt da noch jede Menge perlenhafte Releases.
Diese LP ist gewissermaßen ein Sampler und versammelt relativ unbekannte und seltene Aufnahmen von durchaus bekannten Namen. So spielt uns BIG JOE WILLIAMS den Little Leg Woman Blues aus dem Jahr 1935 vor. Big Joe beehrte in viel späteren Jahren auch Österreich (und dabei auch den Buesclub in Linz). Er war, wie man so hört, nicht unbedingt dieeeee einnehmensde Person, aber ein klasser Blueser wohl schon. Track 2 der LP bringt den Good Boy Blues des Arthur Pettis zu Gehör. Der hat ja überhaupt nur 6 Songs zwischen 1928 und 1930 veröffentlicht. Er kam, sah..... und ging! Ohne groß Spuren zu hinterlassen.
Einen whren Hit kann auf Seite 2 der Platte erleben: Skip James' I'm So Glad wurde ja über 35 Jahre nach der Erstveröffentlichung so richtig bekannt, als diesen drei käsegesichtie Herren aus Brexit Country einer breiten Öffentlichkeit bekannt machten. Die Herren waren von Cream, einer Band der British Bluesexplosion der Jahre 1966 bis 1969. Das Original von Skip James ist ein Hammer, so wie das ganze Frühwerk von James an sich: ein ganz eigenwilliger Blueser war der nämlich schon.
Weitere Highlights der Platte: Ishman Bracey mit zwei Songs, Robert Petway mit einer Variante des sehr bekannten Catfish Bues und ein junger Robert Lockwood mit Take A Little Walk With Me (eine Variation von Sweet Home Chicago).
Und wir sagen es immer wieder: The Blues comes from Mississippi!
THE STORY BLUES OF THE BLUES
compiled by Paul Oliver, CBS 1970
PAUL OLIVER (1927 bis 2017) war nebst Architektur- auch ein großer Musikkritiker. Er verfasste einige maßgebliche Bücher über MusikerInnen und the Art of the Blues. Unbedingt empfehlenswert: seine Monographie über BESSIE SMITH und das Standardwerk BLUES FELL THIS MORNING.
Im Rahmen des berühmt-berüchtigten Bluesrevival, das Künstler wie Skip James, Mississippi John Hurt oder Son House aus der Versenkung hervorholte, erwachte auch das Interesse der Musikfans am alten Blues. CBS veröffentlichte in den späten 1960er Jahren die zwei sehr bekannten Robert Johnson LPs, nahm einen Johnny WInter unter Vertrag und beauftragte Herrn Oliver, eine Kompilation von Bluessongs verschiedener Epochen zusammenzustellen. Herausgekommen sind 2 Doppel LPs mit dem Namen "The Story of the Blues". Jede Seite der LPs trägt einen Namen eines Stils oder einer Epoche: "World War II and after" oder "The Origines Of The Blues". Zu hören sind alte Aufnahmen in guter bis sehr guter Audioqualität der Jahre 1923 bis 1968. Alles was Rang und Namen in der Blueshistorie hat, ist vertreten: von Bessie Smith über Robert Johnson reicht das reichhaltige Musikprogramm bis zu Magic Sam. Auch Obskures wie Butterbeans and Susie oder Casey Bill ist zu entdecken! Zu haben sind die LPs um wenig Geld auf discogs.com - ein Muss für Early Adopters und Einsteiger in die Materie!
CRAWFISH FIESTA
Professor Longhair, Alligator Records 1980
Tipitina oder Mardi Gras in New Orleans das sind wohl die Nummern, die einem einfallen (können), wenn man den Namen Professor Longhair hört. Der Prof war natürlich kein echter (so wie die meisten Professoren halt in Österreich auch), aber eigentlich schon irgendwie... Er kreirte den Piano- und Songstil, den später der begnadete Entertainer fats Domino so bekannt machte.
Nachdem Herrn Longhairs Karriere ab Mitte der 1950er beinahe zum Erliegen gekommen war, schaffte es er ab Mitte der 1960er wieder auf die Bluesbühnen der Welt. Sogar Paul McCartney holte ihn aufs Schiff, wo er eine Woche lang jeden Abend sein Piano streichelte (zu hören auf Live At Queen Mary).
In Folge nahm er mehrere Live- und Studioplatten auf, die alle mächtig abgehen und kein Tanzbein ruhig lassen. Seine erste und letzte echte Hochglanzaufnahme fand
unter der Aufsicht von Mac Rebennack statt, den man ja eher unter Dr. John kennt. Crawfish Fiesta verspricht wahrlich nicht zu viel: es ist wohl eine der gelungensten
Partyplatten des Blues, New Orleans Blues in Perfektion. Für den Professor, eigentlich Henry Roland Byrd, war es die letzte Platte - er verstarb kurz nach Ende der Aufnahmen und erlebte die
Veröffentlichung auch nicht mehr. Dies ist bedauerlich, denn die bei Alligato Records erschienene Platte war auch seine bestverkaufte. Das hätte Professor Longhair sicher gefreut.... Obwohl das
Cover wirklich abartig schiach ist.
Dr. John spielt auf der Platte übrigens Gitarre, denn das Piano wird vom Meister himsef bedient. Weiters werken drei Bläser, ein Congaist und natürlich die Rhythmiker mit Bass und Schlagwerk. Beginnend mit Big Chief bis zum letzten Song Crawfish Fiesta wird ein Feuerwerk des New Orleans Blues geboten, einer besonders rhythmischen Variante der schönsten Musik von allen Musiken überhaupst. Das Bluesbuero spielt sehr gerne Red Beans, zu finden als Track 5 auf Seite 1!
FREDDIE KING 1934-1976
RSO 1977
Der Titel der LP sagt es schon: sie ist eine Hommage an den großen Texaner Freddie King, der nur 42 Jahre alt wurde, bevor sein Herz ausließ. Die Platte war schon länger zuvor geplant - Eric Clapton sollte eigentlich einer der Produzent dieser werden. Es kam dann doch etwas anders. So wurden einige bereits veröffentlichte Tracks mit noch damals neuen af eine recht gelungene Platte gepresst.
Übrig geblieben sind einige Studiotracks u.a. mit Claptons damaliger Band, zum Beispiel Sugar Sweet oder TV Mama) und einige Livetracks mit und ohne Mr. Slowhand. Schon die erste Nummer zeigt Freddie King als großen Sänger und Gitarristen, Pack It Up ist eine funky dahrekommende Tanzscheibe (ursprünglich auf Burglar zu finden).
Die Versionen von Woman Across the River, T'aint Nobody's Business If I Do und Farther on Up The Road (mit Clapton 6 Wochen vor Kings Tod in Texas live aufgenommen) sind eigentlich nicht zu toppen. Großes Kino in 33 Umdrehungen! So meinte EC: "... he taught me about everything I needed to know."